Die Sitzung des Beirats für Stadtgestaltung am 28.11.2022 hatte es wieder einmal in sich. Wieder einmal wurden dort Projekte verhandelt, die dort nicht hingehören und wieder einmal wurde die Schwäche der Linzer Stadtplanung schmerzhaft sichtbar. Ein Blick hinter die Kulissen von Stadtenwickler Potocnik:
OÖ Krone, 29.11.22
Von 6 Projekten auf der Tagesordnung waren 3 hochproblematisch. Bei allen dreien ist der Beirat für Stadtgestaltung nicht das richtige Gremium, weil es nicht „nur" um Stadtgestalt und Fassaden geht, sondern um Stadtentwicklung, Bebauungsplanänderungen, Mobilität und Wohnbau. Der Beirat ist nicht dazu da, (Investoren-)Projekte zu legitimieren, für die von Seiten der Stadt keine stadtplanerischen Grundlage erarbeitet wurden.
Zu Tagesordnungspunkt 4, ein sehr großer Wohnbau in der Goethestraße von GLUT Architektur/Habau
Der Beirat war hier äußerst gefordert. Das Projekt ist eines von diesen vielen komplett überzogenen Versuchen, in alle Richtungen das Maximum herauspressen wollen... mit mittelmäßiger Architektur, von der Linz schon viel zu viel hat.
Da sind Wohnungen im Untergeschoss geplant, große Bäume auf einer Betondecke eingezeichnet, die es so nie geben wird und der Versuch in Richtung Straße und Dach die höchstmögliche, verwertbare Nutzfläche herauszuholen, schön „hübsch getarnt" mit vertikaler Begrünung, die es so auch nie geben wird, weil sich die Stadt das nicht in städtebaulichen Verträgen absichern lässt und weil so eine sehr aufwändige vertikale Begrünung über die Jahre sowieso nicht zu garantieren ist. Die Visualisierungen sind daher schlicht und einfach bewusste Täuschung.
„Wie so oft wird dieses Projekt auch im 2. und 3. Anlauf nicht viel besser werden. Statt dessen wäre ein Wettbewerbsverfahren heilsam. Für Linz, gegen die gut geölten lokalen Netzwerke und um in dieser wichtigen, sehr große Baulücke im Neustadtviertel Qualität zu sichern."
Zu Tagesordnungspunkt 6 Langgasse, Büro, Geschäfts- und Wohnbau.
Hier verweisen wir auf unsere Blog- und Facebook-Posts dazu.
Für das gesamte Areal gibt es keinen Bebauungsplan und daher keine klare Vorstellung von Seiten der Stadtplanung. Spekulationen und Versuchen von Investoren, hier leicht verwertbare Anlageobjekte hochzuziehen und schnelles Geld zu machen - ohne Nutzen und Mehrwert für die Linzerinnen und Linzer - werden damit Tür und Tor geöffnet.
Facebookpost: „Langgasse, Ecke Seilerstätte.
Wieder einmal ist die Katze aus dem Sack und wieder einmal hat Linz gewartet, was die privaten Investoren so anbieten. Bei der Höhe orientiert sich das Projekt an den Bausünden der 1980er Jahre. Dazu Stadtrat Dietmar Prammer in den Linzer Nachrichten: "Eine Notwendigkeit das zu ändern (dort einen Bebauungsplan zu schaffen, Anmerkung), sieht Prammer allerdings derzeit nicht. Sollten hier Projekte entstehen, werde sich die Stadt diese "ganz genau anschauen und dementsprechend reagieren".
Es ist wirklich unerträglich. Vor zwei Monaten, ich war selbst dort, sind rund 50 Fachleute (Architekten, Stadtplaner) gemeinsam mit Dietmar Prammer im afo architekturforum oberösterreich zusammengesessen. Eine der wesentlichsten Punkte und Forderungen aus der oö. Fachwelt: Bitte endlich mehr Selbstbewusstsein, bitte endlich echte Stadtplanung, im Sinne der Öffentlichkeit, bitte endlich ein Ende der investorengetriebenen Projekte, die immer nur versuchen das Maximum herauszupressen, bitte endlich AGIEREN und nicht immer nur REAGIEREN. #stadtentwicklungfürlinz #absolutunabhängig"
„Dieses Projekt gehört raus aus dem Gestaltungsbeirat. Von städtischer Seite muss hier zuerst viel mehr Vorarbeit geleistet werden und daraus ein Bebauungsplan entstehen. Wenn das erfolgt ist, fordere ich auch hier dringend ein Wettbewerbsverfahren, um die Qualität der Architektur zu steigern. In der Langgasse braucht es solide Stadtplanung - kein russisches Roulette."
Tagesordnungspunkt 7 Friedhofsstrasse, „Tanzende Türme".
Grundsätzlich entstehen in Linz Hochhäuser (oder sehr hohe Dichten) weitgehend willkürlich an Orten, wo Investoren gerade ein Grundstück gekauft haben. Je nach Einfluss geht das dann in die Höhe oder nicht. Obwohl der öffentliche Verkehr für hohe Dichte ein "must have" ist, ist es in Linz kein maßgebendes Kriterium. Echter Mehrwert für die Öffentlichkeit (im Abtausch für die millionenschweren Widmungsgewinn im zweistelligen Bereich) gibt es auch nicht. Der „10-Punkte Hochhaus-Plan" ist eine Farce und leider nicht ernst zu nehmen.
Gut, zu dem konkreten Projekt, es ist eigentlich bereits „durch" gewesen, hat aber nun einige Jahre „geruht". In dieser Zeit (5 Jahre) ist es – wie die Quadrill übrigens - einfach höher geworden. Die Nutzung hat sich geändert, kaum mehr Büros, dafür - vorhersehbar -sehr teure Wohnungen. Das hätte im Beirat einer Neuauflage bedurft, ist aber trotzdem eine Wiedervorlage geworden. Linz eben.
Grundsätzlich braucht unsere Stadt keine Hochhäuser. Es gibt genug Flächenreserven, das ist fact. Büros sind genug da und die Wohnungen in den Hochhäusern sind in erster Linie Anlageobjekte, die nicht den Bedarf an leistbaren und vielfältigem Wohnungen (insbesondere für Familien) decken. Bestehende Hochhäuser in Linz haben derzeit bis zu 50% Leerstand, und das seit mehreren Jahren („Lenauterrassen", Luftlinie nur 300 m entfernt).
Unsere Forderung nach städtischem Mehrwert in diesem konkreten Fall konzentriert sich auf die Freiraumplanung. In den hübschen Renderings sind wieder einmal große Fake-Bäume eingezeichnet, wo diese nicht sein können, weil darunter eine Tiefgarage ist und daher der Untergrund zum Wachsen fehlt. Die geplanten Topfpflanzen leisten aber stadtklimatisch keinen Beitrag, sind nur etwas grüne Deko und sehr pflegeintensiv, die über die Jahre übrigens meist entfällt. In der Realität übrig bleiben Buschwerk und große Bonsais.
„Da Hochhäuser aber neue Hitzeinseln generieren fordere ich hier ein Exempel zu statuieren und mindestens 10 große Erdkoffer in der Tiefgarage einzubauen. Da das Projekt größer geworden ist, ist die Forderung noch legitimer. Legitim ist dies auch, weil sich in den letzten Jahren in Sachen Klima-Bewusstsein viel getan hat. In Linz gibt es mittlerweile eine Stadtklimaanalyse und millionenschwere Projekte gegen Hitzeinseln. Darum ist auch bei diesem Projekt nachzubessern. Wir haben allein in diesem Jahr über 2 Mio € für ca 50 (kleine) Bäume nach dem Schwammstadtprinzip ausgegeben, betonieren aber auf der gleichzeitig (wie hier) neue Hitzeinseln!"
Blogeinträge zu Schwarmmstadt, Erdkoffer und echte kühlende Bäume:
Seite 12 im Heft: https://www.linzplus.at/post/plusheft-2-ist-da
Antrag, solche Erdkoffer zur Regel zu machen:
Medienberichte:
#wirsindlinz #weillinzmehrbraucht #linzplus #absolutunabhängig #wirkümmernuns #stadtplanung #stadtentwicklungfürlinz
Autor:in: Linz+
27.11.2022
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