Im Jahr 2021 brachten Landschaftsarchitektin Olga Lackner und Lorenz Potocnik einen Antrag auf "Realistische Bewertung von Bäumen als Grundlage für besseren Baumschutz" in den Gemeinderat ein. Die Grünen haben diesen damals abgelehnt, fordern aber jetzt gleich einmal Euro 60.000.- für die Fällung eines jungen Baumes beim Lido Festival.
Die Richtung stimmt, allerdings stellt sich doch die Frage, wie der Wert dieses Baumes berechnet wurde? Ein Statement von Fraktionsobmann Lorenz Potocnik:
Verstümmelter Baum am Urfahraner Marktgelände
"Symbolische Akte sind das Spezialgebiet der Grünen... Ich frage mich, wie im konkreten Fall der Wert des Baumes berechnet wurde? Liegt für die genannte Summe eine nachvollziehbare Rechnung vor? Weil das sollte schon eine gewisse Grundlage haben, auch für kommende und laufende Fälle oder ist es wie am Basar?"
Einen entsprechenden Antrag, genau dazu gab es von Olga Lackner und Lorenz Potocnik im Jahr 2021: www.linz.at/Politik/GRSitzungen/GPSearch/ResultDetail?TopId=4022&fbclid=IwAR2tYnot_oyLScQOmw4GZ7cLLvhvE1f_w8Q224bD0lxtb3ysMQ_6NM2mW9I
Olga Lackner schätzte den Wert der vier 2021 mutwillig vernichteten Kastanienbäume in der Gruberstraße vor der Linzer Tabakfabrik, je nach Berechnungsmethode, zwischen Euro 110.00 und 200.000.- ein. Stadtklimatisch ist der Schaden enorm. Ersatzpflanzungen müssten diesem Wert entsprechen.
Presseaussendung 12.Januar 2021:
Einen Stadtbaum zu fällen, ist immer noch viel zu billig
Was ist ein Baum wert? Nicht viel, wenn man an die vielen Anschläge auf den Linzer Baumbestand denkt. Die Hürde ist auch relativ niedrig, denn die Bewertung eines Baumes erfolgt meist nur nach dem Holzwert und seiner CO2-Bindung. Ein Stadtbaum ist aber viel mehr: Die Klimahauptstadt Linz ist gefordert, hier im Interesse eines effektiven Baum- und Klimaschutzes eine Neubewertung vorzunehmen. Ein Gemeinderatsantrag soll jetzt mehr Kostenwahrheit in die Thematik bringen.
Das beste Mittel gegen Hitzeinseln und ein aufgeheiztes Stadtklima sind große, ausgewachsene Bäume. Kleine Bäumchen in Töpfen – wie etwa am Linzer Hauptplatz – haben hingegen so gut wie keinen messbaren Effekt. Nur große Bäume schaffen die benötigte Kühlung, da sie die dafür nötige Verdunstung garantieren. Der Wert jahrzehntealter Bäume wird aber nicht realistisch eingeschätzt – das mindert auch die bei etwaigen Fällungen nötigen Ersatzleistungen.
Veraltete Methode zur Bewertung von Bäumen Die derzeitigen Methoden zur Bewertung eines Baumes sind veraltet und unzureichend. Gemäß der Koch-Methode beträgt der Wert eines 50 Jahre alten Baumes zum Beispiel lediglich 1.200 Euro – gelinde gesagt ein Witz. Eine Berechnung des Bundes deutscher Baumschulen zeigt hingegen den tatsächlichen Wert eines Baumes für die Volkswirtschaft: Demnach beträgt dieser etwa 660 Euro pro Lebensjahr. Ein 50 Jahre alter Baum hat somit einen Wert von 33.000 Euro. Apropos Wert: Eine ausgewachsene Buche hat etwa 800.000 Blätter, mit denen sie pro Tag 11.000 Liter Sauerstoff produziert – das entspricht dem Tagesbedarf von 26 Menschen. Über das Blattwerk werden täglich bis zu 500 Liter Wasser verdunstet – das sind etwa drei volle Badewannen. Olga Lackner von NEOS Linz: „Diese Zahlen fließen viel zu wenig in die Entscheidungen von Baumfällungen ein. Auch die Pflanzung eines Jungbaumes als Ersatz für die Fällung eines großen alten Baumes gleicht einem Hohn, wenn man die ökologische Leistung eines Großbaumes betrachtet.“ Für die Klimastrategie der Stadt sei diese Bewertung der Wirksamkeit der Bäume die wichtigste Grundlage: „Diese ist allen anderen populistischen Ankündigungen wie „1.000 Bäume für Linz“ , die sowieso nicht umgesetzt werden, voranzustellen“, so Olga Lackner.
105.600 Euro teuer Baumbestand wird für neues Hochhaus gefällt Ein beeindruckendes aktuelles Beispiel: Bei der Tabakfabrik werden für die Quadrill-Neubebauung vier mindestens 40 Jahre alte Kastanienbäume an der Gruberstraße gerodet. Nach der Bewertung des Bundes Deutscher Baumschulen wird damit ein volkswirtschaftlicher Wert von 105.600.- vernichtet. „Wir brauchen endlich diese realistische volkswirtschaftliche Bewertung. Nur so würde auch der Schutz wertvoller Bäume deutlich erhöht. Auch die auferlegte Ziele wie Klimahauptstadt oder auch jene des Klimaschutzabkommens 2030“ können so leichter erreicht werden“, sagt Olga Lackner, die für die kommende Gemeinderatssitzung einen Antrag auf den Weg bringt: „Es soll ein neuer städtischer Weg in der nachvollziehbaren Bewertung von klimawirksamen Bäumen beschritten werden. Dadurch werden endlich auch – wo nötig – Ersatzleistung neu und transparent bewertet.“
Medienberichte aktuell zum Lido Baum und aus dem Jahr 2021:
13.1.2021: Krone print
13.1.2021, OÖN print:
Facebook Olga Lackner Januar 2021:
„4 mindestens 40 Jahre alte Kastanienbäume werden für die Quadrill-Neubebauung gerodet. Nach der Bewertung des Bundes Deutscher Baumschulen wird damit ein volkswirtschaftlicher Wert von 105.600.- vernichtet!
Ich fordere für Linz eine realistische Bewertung auch zum Schutz wertvoller Bäume. Auch für die Klimastrategie der Stadt ist die Wirksamkeit der Bäume eine wichtige Grundlage.
Mein Antrag für die Gemeinderatssitzung am 21.1.2021"
Mehr Links zum Thema:
QUADRILL: Noch ist Zeit für Erdkoffer und echte, große, kühlende Bäume!!! +++ https://www.linzplus.at/post/quadrill-erdkoffer +++
11.3.2021, Volkswirtschaftliche Bewertung großer stadtklimatisch wirksamer Bäume www.linzplus.at/post/volkswirtschaftliche-bewertung-großer-bäume
Echte kühlende Bäume gegen Hitzeinseln Bericht im #Plusheft2: https://www.yumpu.com/de/document/read/67387757/plusheft2/12
Die Wissenschaftler der TU München messen die Höhe, den Durchmesser der Krone, die Dichte des Laubs und den Schattenwurf des Baumes. Ein zwanzig Meter hoher, dichtbelaubter Baum kommt auf eine Kühlleistung von bis zu 40.000 Kilowattstunden. Das entspricht Kosten von etwa 16.000 Euro, wenn dafür Klimaanlagen eingesetzt würden.
Mehr Infos: https://www.br.de/nachrichten/wissen/klimawandel-bringt-mehr-hitze-die-stadt-braucht-mehr-baeume,UPOPKW8
+++ UPDATE 5.12.2023 +++
Was ist eigentlich aus dem geköpften Baum beim Lido Sounds und der drakonischen Strafe geworden?
Genau das will ich wissen und habe eine Anfrage an die zuständige Stadträtin Eva Schobesberger gestellt.
Wurde die medial angekündigte 60.000 € Strafe eigentlich bezahlt?
Wann wird der Baum nachgepflanzt?
Nicht zuletzt interessiert mich, was eigentlich die fachliche und juristische Grundlage für die Bemessung der sehr hohen Strafe war? Das könnte für ähnliche Fälle von Relevanz sein.
Anbei finden sie meine Anfrage und zwei Fotos der Stelle, wo der Baum stand. Leider noch gähnende Leere.
Download der PLUS-Anfrage:
Autor:innen: Lorenz, Brita
20.6.2023
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