“Dach über dem Kopf” auf den Terrassen des Linzer Rathauses
- linzplus
- 22. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Juli
Linz leistet viel, um Obdachlose zu unterstützen. Doch trotz aller Bemühungen bleiben zahlreiche Menschen auf der Straße. Warum?
Ein Grund dafür sind fehlende “Angebote” und die Differenzierung der Bedürfnisse von oft chronisch und psychisch kranken Menschen. So bieten andere Städte mit ihren Wohndörfern und VinziRast-Einrichtungen nicht nur Sicherheit und einen Schlafplatz, sondern auch Privatsphäre, Rückzug, Gemeinschaft und Tagesbetreuung an. Vieles davon können unsere Notschlafstellen nicht leisten.

DÜK4 von 6 in Dornach. Der Bewohner ist zufrieden.
Aus diesen Gründen hat die Linzer Kolpingfamilie, gemeinsam mit der HTL1 Bau und Design sowie dem Sozialverein B37 ein Projekt initiiert, das mithilfe von kleinen Holzhäuschen seit ein paar Jahren ein neues Angebot schafft. Es handelt sich um die sogenannten “DÜK”. Sechs Stück gibt es bereits in der Stadt.
Was ist ein DÜK?
Das DÜK („Dach überm Kopf“) ist ein zwei mal zwei Meter großer, modular aufgebauter, versperrbarer und isolierter Witterungsschutz aus Holzriegelbauweise. Diese kleine Hütte ist ein temporärer Wohn- und Rückzugsort für obdachlose Menschen. Es bietet Platz zum Schlafen und für persönliche Habseligkeiten und dient als Überbrückung in schwierigen Lebenslagen – nicht als Dauerlösung. Ausgestattet ist das DÜK mit einer Klappbank, einer kleinen Abstellfläche, einem Feuerlöscher, einem Erste-Hilfe-Paket sowie einem integrierten Solarpanel, das eine kleine Lampe und eine USB-Steckdose mit Strom versorgt. Idealerweise steht das DÜK auf einem geschützten Standort in der Nähe eines Wasseranschlusses oder Sanitäranlagen.

Ein DÜK ist 2×2 Meter groß, versperrbar, isoliert und bietet obdachlosen Menschen temporären Schutz, individuellen Lebensraum und Rückzugsort.
Die Ergebnisse sprechen für sich Mittlerweile (seit 2022) wurden bereits sechs DÜKs in Linz errichtet – mit großem Erfolg. Zwei Bewohner sind bereits wieder ausgezogen und haben eine neue Wohnung bzw. eine neue Arbeitsstelle gefunden. Auch die Rückmeldungen der Streetworker:innen sind durchgehend positiv.
Es braucht mehr Vielfalt
Klassische Notschlafstellen, die am Abend öffnen und in der Früh die Gäste wieder auf die Straße schicken, leisten einen essentiellen Beitrag – können die unterschiedlichen Lebensrealitäten und Bedürfnisse obdachloser Menschen aber nicht vollständig abdecken. Viele meiden sie, weil sie dort jeden Morgen hinaus müssen, ihr Hab und Gut nicht lagern können oder aus psychischen Gründen die Innenräume und Gruppen nicht aushalten.
Was es daher braucht, ist ein ergänzendes und differenzierteres Angebot zu den bestehenden Notschlafstellen, Housing First-Projekten und den in Planung befindlichen Non-Compliance-Zimmern. Neben Einrichtungen wie der VinziRast und Wohndörfern (Graz, Wien) bedarf es eben minimalistische, sichere und “private” Rückzugsorte wie das DÜK.
Stadt kann Flächen zur Verfügung stellen.
Die Idee der DÜKs funktioniert. Allerdings fehlt es an geeigneten Orten, an denen solche Häuschen aufgestellt werden können. Dabei kann und sollte die Stadt Linz helfen.
So liegen die Terrassen des Linzer Rathauses zum Beispiel brach und würden sich gut für DÜKs eignen. Die Flächen sind geschützt, sind in der Nähe von Wasser und Sanitäranlagen und gut betreubar. Darüber hinaus wäre es ein schönes Zeichen, wenn die (öffentlichen) Rathausterrassen Schutzbedürftigen zur Verfügung gestellt würden.
In diesem Sinne, soll die Stadt Linz die Errichtung von DÜKs auf den Terrassen des Rathauses aber auch an anderen Liegenschaften im städtischen Besitz prüfen. Falls sich die Terrassen des Neuen Rathauses als geeignet erweisen, sollen dort gemeinsam mit den Betreiber:innen DÜKs errichtet werden.
Download der PLUS-Antrag:
Obdachlosigkeit ist in Linz vielerorts sichtbar. Was fehlt, ist ein differenziertes Angebot, das den vielfältigen Bedürfnissen obdachloser Menschen gerecht wird. DÜKs wären – neben Notschlafstellen und Housing-First-Projekten – ein weiteres wichtiges Puzzlestück einer sozialen Infrastruktur in der Stadt.
Mehr Infos und Medienberichte:

UPDATE 4. Juli 2025
In der gestrigen Gemeinderatsitzung wurde über den DÜK-Antrag abgestimmt. Die gute Nachricht: Dietmar Prammer wird nach geeigneten Liegenschaften und Orten (im städtischen Besitz) suchen und sie auf ihre Eignung für weitere DÜKs prüfen. Das Ergebnis wird in einem der nächsten Ausschüsse für Planung und Liegenschaften vorgestellt.
Zur Einordnung: Es geht hier nicht um 50 neue Plätze, sondern um einen einzelnen weiteren Stellplatz – konkret für das 7. oder 8. DÜK in Linz. Diese Rückzugsräume benötigen jeweils nur etwa 9 m² Fläche. Laut Expert:innen sind etwa 10 % der obdachlosen Menschen für diese Form der Betreuung geeignet. Mit 7 bis 9 DÜKs wäre der Bedarf in Linz also gedeckt.
Fakt ist: DÜK 7 ist bereits fertig gebaut und finanziert – es fehlt nur der passende Standort. Und genau hier liegt die Verantwortung der Stadt. Was es jetzt nur braucht ist der politische Willen diese 9 m² zur Verfügung zu stellen.
Und ganz nebenbei unterstützt man dabei ein international ausgezeichnetes Schulprojekt von empathischen jungen Menschen die einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leisten.
Mehr zur Abstimmung und zum Nachhören unter K8 um 19:28: https://archiv.yourvideo.tv/watch/?v=ck-81bb0c0295eade9c251ae580e
Hier das Abstimmungsverhältnis des Antrages:
Pkt. 1 des Antrages wurde mehrstimmig abgelehnt.
Stimmenthaltung: SPÖ, ÖVP, Die Grünen, FPÖ, NEOS, ehem. MFG, KPÖ, GR Brandstetter
Pkt. 2 des Antrages wurde mehrstimmig angenommen.
Stimmenthaltung: SPÖ, NEOS, ehem. MFG
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Autor:innen: LinzPLUS
16.Juni 2025
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