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Was ich mir für ältere Menschen in Linz wünsche

Kürzlich stieg ich in die Straßenbahn Nr. 1 Richtung Auwiesen ein und setzte mich gegenüber einer älteren Dame auf einen leeren Platz.


Die Dame war der Sommer in Person: Ein Lächeln unter der FFP2-Maske. Locker zusammengebundenes Haar. Eine bunte, blumengemusterte Bluse. Rosa, gelb, grün, lila - fast alle Farben des Sommers kamen im Outfit der Dame vor.


Sie zog ihre Beine an, um mir Platz zu machen.


„Danke, das geht sich locker aus, für uns zwei!" bedankte ich mich bei ihr. Und schon waren wir im Gespräch. Über den Sommer und das passende Outfit der älteren Dame.

Darüber, dass sie gerade ins Krankenhaus fahre, um jemanden zu besuchen. Darüber, dass ich im Krankenhaus arbeite.


Und dann erzählte sie, warum ihre Freundin im Krankenhaus sei. Diese habe sich zu einer Operation entschlossen, weil die Harninkontinenz, unter der sie litt, mit anderen, alternativen Mitteln nicht mehr zu beherrschen war.


„Ich kann mir gut vorstellen, wie es Ihrer Freundin ging. Und ich weiß, dass sie im Krankenhaus, in dem sie jetzt ist, sehr gut betreut wird. Dort gibt es Profis, die sie gut behandeln. Ich bin selbst auch ausgebildete Kontinenz- und Stomaberaterin" sagte ich ihr.


Da hielt die Dame kurz inne. Und dann sprudelte es nur so aus ihr heraus: Sie habe auch schon lange Probleme mit der Kontinenz. Sie verliere auch immer wieder Harn.

SOOO belastend sei das nicht, aber das störe sie doch irgendwie sehr...wenn sie in Linz der Stadt unterwegs sei, sei sie ständig auf der Suche nach einem Klo. Irgendwie sei das schon peinlich, wenn man immer in Cafés fragen müsse, ob man schnell mal auf's WC dürfe, obwohl man nichts konsumiert hat...


Dass in der Nähe ein weiterer Fahrgast saß, der unser Gespräch eventuell mitverfolgen hätte können, störte die Dame nicht. Ich fand das sehr cool. Weil Inkontinenz für die allermeisten Menschen ein Tabuthema ist, über das sie nicht sprechen - und so auch kaum Hilfe erfahren.


„Wollen Sie etwas gegen die Inkontinenz machen? Würden Sie, um das Problem loszuwerden oder zumindest zu verbessern, auch Übungen erlernen und diese jeden Tag machen? Übungen, die sie einfach so in den Alltag einbauen können? Übungen, die sie durchführen könnten, während Sie in der Straßenbahn sitzen?"

"JA!" war die Antwort. Ich nannte der Dame noch eine gute Kontaktadresse. Dann musste ich aussteigen.


Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese gut gelaunte, aktive, offene ältere Dame sich Hilfe holen wird. Nur ein kleines Beispiel für Alltagsthemen unserer älteren Mitbürger*innen in Linz. Bei einer immer älter werdenden Gesellschaft müssen wir doch auch Antworten auf diese Themen haben!


Für die Zukunft möchte ich daher:

- dass ältere Menschen in Linz nicht mehr zu Hause sitzen bleiben, weil sie fürchten, kein WC zu finden. Es muss im öffentlichen Raum mehr saubere, barrierefreie WCs geben, die ältere Menschen mit Kontinenzproblemen, Eltern mit Kindern und alle anderen auch zur Verfügung stehen.

- dass ältere Menschen in Linz nicht zufällige Begegnungen in Straßenbahnen oder sonst wo brauchen, um Hinweise zur Verbesserung ihrer Lebensqualität zu bekommen. Es braucht Community Nurses bzw. Ansprechpartner*innen in den Stadtteilen, die genau solche Gespräche führen, wie ich eines mit der Dame in der Straßenbahn geführt habe.


Linz braucht mehr HIGH TOUCH!


Mehr über Renate findet ihr ->hier


Autorin: Linz+

26.7.2021









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