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Piefke Connection, Linzliebe und Fußball


Mit aktuell gut 3.500 Mitbürger:innen sind die Deutschen eine der stärksten Herkunftsnationen unter den „Nicht-Österreichern“ in Linz. Wir plauderten mit Christian Trübenbach. Der Nordrhein-Westfale ist seit 2011 hier zuhause. Christian – Du lebst jetzt seit fast 10 Jahren in Linz, was hat Dich hierher verschlagen? Die Liebe und letztlich die wunderschöne Landschaft in der Umgebung mit dem hohen Freizeitwert. Meine Frau (gebürtige Linzerin) und ich haben lange Jahre in Köln gewohnt und sind jedes Jahr in den Sommerferien nach Österreich auf Urlaub gefahren. Irgendwann haben wir beschlossen, den Bergen im Alltag näher zu sein. Fast 3.500 Menschen mit deutschem Pass leben in Linz. Gibt es bei euch ähnlich wie bei anderen Bevölkerungsgruppen einen besonderen Zusammenhalt? Soweit ich weiß, gibt es keine vergleichbaren Vereinsstrukturen wie z.B. bei den Kroaten, Serben etc. Jedoch gibt es die „Piefke Connection (Upper) Austria“, die ich moderiere und vor allem über eine Facebook-Gruppe organisiere und monatliche Stammtische und gemeinsame Freizeitaktivitäten – wie jetzt zum Public Viewing bei der Fußball Europameisterschaft – anbiete. „Piefke Connection“ - das hört sich ja lässig an, was genau ist das denn? Zur Fußballeuropameisterschaft 2008 in Österreich hatte sich diese Interessensgruppe in Wien über Xing gegründet und connected. Hintergrund war, dass damals eine Gruppe in Wien lebender deutscher Fußballfans in einem Lokal ein Deutschlandspiel schauen wollten, der Wirt hat daraufhin geantwortet: “Schleicht‘s Eich, Ihr Piefke!“ Was löst das bei Dir aus, wenn Du als „Piefke“ bezeichnet wirst? Heute finde ich es lustig und sogar ein wenig als etwas „besonderes“. Anfangs war es eher ausgrenzend, teilweise verletzend. Als Deutschland 2014 Fußball-Weltmeister geworden ist, haben wir wirklich teilweise skurrile Erlebnisse auf offener Straße in Linz erlebt, sind aufgrund der Trikots beschimpft worden. Beim Fußball merkt man als Deutscher die größten „Anfeindungen“. Ihr habt ja auch gegen „uns“ in Cordoba verloren... Da ist wieder dieses Cordoba. Das kennt kein Deutscher, der nicht damals 1978 die WM in Argentinien gesehen hat. In Österreich scheint man dieses Ereignis schon fix in der Volksschule zu lernen (lacht). Ich bin Baujahr 75 und habe das erste Mal in Österreich von diesem legendären Spiel gehört. In Österreich herrschen die Vorurteile "Deutsche sind Spießer oder verbissene Ehrgeizlinge, haben einen seltsamen Humor, sind sehr steif und tragen im Urlaub weiße Socken mit Sandalen.“ Was davon kannst Du bestätigen? Ich tue mir schwer mit Vorurteilen. Ich selbst bin gebürtiger Westfale, der irgendwann mal ins Rheinland gezogen ist, also nur im selben Bundesland den Wohnort gewechselt hat. Da trinkt man anderes Bier (Kölsch), spricht einen ganz anderen Dialekt und die Leute sind viel offener und man wird überall angesprochen und häufig in lustige Gespräche verwickelt. Zwischen meiner Heimatstadt und Köln liegen aber gerade mal 80 Kilometer, soweit wie von Linz nach Ried. Was waren Deine ersten Eindrücke, als Du damals nach Linz gekommen bist? Ich hab mich in Linz sofort sehr wohl gefühlt. Die Gegensätze aus gründerzeitlicher Architektur in der Innenstadt und dem Stahlwerk find ich nach wie vor sehr spannend, auch die schon angesprochene Nähe zu den Alpen oder den Mühlviertler „Bergen“ ist ein deutliches Plus gegenüber Wien. Das war auch letztlich der Grund, warum wir damals nicht nach Wien gezogen sind, das wäre unsere Alternative gewesen. Was macht Linz als Stadt zum Leben für Dich so besonders? Das Flair im Sommer...Baden in der Donau, gute Restaurants, nette Kneipen; im Winter der Wintermarkt auf dem Pfarrplatz... Was vermisst Du aus Deiner Zeit in Köln? Ne geile Currywurst mit Pommes, auch Pommes Schranke oder Mantateller genannt (lacht). Mich wundert es, dass bei etwa 3.500 Deutschen und vielen weiteren aus dem Umland noch keiner auf die Idee gekommen ist, eine Pommesbude auf der Landstraße aufzusperren. Was gefällt Dir an Linz nicht so gut? Oh, da sind mittlerweile leider einige Dinge, die mich teilweise richtig traurig machen. Wenn ich mir die Zerstörung des Donautals durch den Bau des Westrings anschauen, die konkreten Planungen für die Ostdurchfahrungen durch ein Natura 2000 Gebiet, das Verkehrschaos durch den Abriss der Eisenbahnbrücke ohne erkennbares Konzept oder die Bauwut von Hochhäusern und Vorsorgewohnungen aus dem anscheinend spekulativen Investment-Bereich. Es wirkt vieles planlos und mehr dem Partikularinteresse und nicht dem Gemeinwohl verpflichtet... Was machen Städte in Deutschland anders als Linz? Meiner Wahrnehmung nach wird in Deutschland schon mehr auf die planerische Raumordnung geachtet, was der Zersiedelung und dem Ausfranzen von Städten entgegenwirkt und somit der Bodenversiegelung entgegenwirkt. Zudem denkt man eher in größeren Einheiten von Stadtagglomerationen. Das fehlt in Oberösterreich meiner Meinung nach. Das rot-blaue Linz macht sein Ding, das türkis-schwarze Land Oberösterreich seins. Es erfolgen selten gemeinsame Planungen als „Regiopol Zentralraum“ wie z.B. eine übergreifende Verkehrsplanung, damit das tägliche Einpendeln „geordneter“ läuft, mehr auf Öffis gesetzt wird etc. Wo siehst Du Potential für Linz? Ich komme beruflich viel rum in Österreich, mich stört das teilweise negative Image, welches anscheinend in vielen Köpfen verankert ist. Höre häufig „dreckige“ Stahlstadt oder „Ihr mit Eurem Verkehrschaos“. Ich finde, das hat Linz überhaupt nicht verdient, die Stadt hat sich gerade seit dem Kulturhauptstadtjahr 2009 sehr positiv verändert. Linz birgt viele Potentiale, beispielsweise fehlt eine geordnete Stadtentwicklung, um nicht nur punktuell Akzente zu setzen. Zudem könnten die kulturelle Vielfalt der Zugezogenen viel besser in Linz eingebunden werden, es liegt so viel Potential brach. Das ist auch der Grund, warum ich mit Linz+ ab September im Gemeinderat ganz neue Impulse setzen möchten.

Mehr über Christian findet ihr ->hier


Autorin: Linz+

16.6.2021



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